Es war wieder hoch an der Zeit, mein Projekt weiter zu führen. Der Bezirk Güssing wollte komplett bewandert sein bzw. werden. Und die letzten Wochen hatte ich mit der Umsetzung des Projekts auf eine Website verbracht. Zu Lasten meiner physischen Gesundheit. Die Auswirkungen bekam ich bereits zu spüren.
Zwar war ich seit ein paar Tagen wieder regelmäßig zu Hause am Laufband unterwegs, aber auch da merkte ich, dass meine Kondition so ziemlich am Sand war. Da hilft nichts, außer sich selbst in den Allerwertesten zu treten und wieder tausende Schritte in die schöne Natur zu setzen.
Zum Restart hatte ich mir eine Wanderung um Oberdorf ausgesucht. Hier war, in Richtung Osten, noch viel „freie Fläche“ auf meiner Heatmap. Und die sollte natürlich auch mit den roten Strichen meiner Trackings befüllt werden. Also nichts wie hin, zu den Streusiedlungen bei Oberdorf und Olbendorf.
Das Wetter war zwar heute nicht das, was man unter einem tollen Wanderwetter versteht, aber wann ist es das schon, im Herbst. Auf besseres Wetter warten, würde wieder einer weiteren Ausrede gleich kommen. Und mit 13 Grad, ohne Niederschlag war es ja auch nicht das Schlechteste. Los geht’s
Als Startpunkt dieser Rundwanderung hatte ich mir den großen, öffentlichen Parkplatz beim Feuerwehrhaus ausgesucht. Hier ist genug Platz für etliche PKWs. Rein in die Jacke. Trinkflasche eingesteckt. Tracker auf der Uhr auf „On“. Und los ging’s.
Zunächst führt meine gewählte Route ostwärts. Bei der „Dorfstrasse“ (Nomen est omen) hinein. Der erste Teil ist hier, auf dem asphaltierten Gehweg, angenehm zu gehen. Als Aufwärmen für den kommenden ersten Anstieg perfekt. Und dieser kommt auch schon kurze Zeit später. Auf der Kreuzstraße geht es nun auch gleich ansprechend bergauf.
Diese, etwa 1 Kilometer lange Teilstrecke, bringt, in meinem Fall, jetzt auch mal gleich die ersten Verschnaufpausen mit sich. Wie gesagt: keine Kondition. Auf den letzten 100 bis 200 Metern bleibe ich zeitweise alle 20 Meter kurz stehen um wieder zu Atem zu kommen. Tja, selber Schuld.
Mitunter lag dieser Umstand auch den einigen Kilos mehr an Körpergewicht, die ich auch zugelegt hatte. Ein weiterer Grund, der eindeutig für weiterführende Wanderungen, ergo Bewegung, sprach. Der Speck muss (wieder mal) weg.
Nachdem ich den ersten Anstieg geschafft hatte und auf der Kreuzung am Hochberg stand, musste ich mich zunächst mal kundig machen, welcher Weg nun zu meiner Tourplanung gehört. Handy raus und nachgucken. Ah, links weg. Gesagt getan. Keine 100 Meter später, der prüfende zweite Blick. Doch falsch. Also wieder zurück und nur „halb-links“ weg. Jetzt passt‘s.
Hier geht es nun, vorerst weiterhin auf asphaltierter Straße, aus dem Ort hinaus. Vorbei an den letzten Häusern und dann am Waldrand entlang. Ein Schild informiert mich darüber das hier der „Fuchsbandwurm“ aktiv ist. Nun, ich denke, dieser Wurm betrifft mich jetzt nicht wirklich. Hund bin ich ja keiner. Zumindest nicht anatomisch.
Bei Streckenkilometer 2, an einer Weggabelung, ist der Asphalt dann zu Ende. Nun abermals der Handycheck: Links oder Rechts? Meine, diesmal richtige, Wahl fällt auf den rechts weiterführenden Weg. Dieser ist geschottert und führt zügig bergab. Die Logik sagt mir: Nächstes Ziel = Fischteich. Fischteich ist meist im Tal. Also stimmt die abschüssige Wegstrecke.
Und hier geht’s wirklich flott bergab. Also bergauf möchte ich diesen Weg nicht gehen, sinniere ich bei mir. Und da sehe ich sie schon. Die beiden Fischteiche. Mein erstes Etappenziel. Hier hatte ich vor eine kleine Pause einzulegen. Aber, angekommen bei den Teichen, blicke ich mich um. Und finde … nichts. Keine Bank. Keine Möglichkeit zur Pause. Blöd.
Dafür entdecke ich ein Schild: Privatgrund. Betreten verboten. Nochmals blöd. Das Schild galt für den linken, der beiden Teiche. Und eine Uferwanderung Richtung Süden, an genau diesem, war in meiner weiteren Wegplanung vorgesehen. Was jetzt? Kurzentschlossen entscheide ich mich, zunächst mal den rechten Teil zu umrunden.
Ein schönes Fleckerl hier. Der Teich ist, im Uferbereich, ringsum gemäht und ermöglicht einen entspannten Spaziergang um den kleinen See. Kurz überlege ich auch, meine Route komplett zu ändern und Richtung Norden einen Weg nach Oberdorf zurück zu suchen. Verwerfe den Gedanken aber bald. Wer weiß schon, wo ich dann raus komme und wie viele Kilometer das dann insgesamt werden, oder welche Steigungen mich dann erwarten. Und das bei meiner fehlenden Kondition? Nein danke.
Aber welche Alternativen boten sich mir nun an? Den Weg, den ich gekommen war, zurück hinauf bis zur Weggabelung? Auch: nein danke. Den Weg weiter geradeaus zum Wald rauf und dort schauen, ob es dort eventuell weiter geht? Auch das war keine Option, die ich ziehen wollte.
Da erblicke ich eine Art Weg, der links vor dem Fischteich, an diesem entlang zu führen schien. Nach Süden. In die Richtung, wo ich hin wollte. Obwohl ich auch hier nicht wusste, wie weit dieser Weg weiter führte, oder ob es überhaupt ein endgültiges „weiter“ gab. Jetzt, im Moment, war er die beste oder auch einzige Option.
Die ersten 50 Meter kann man ohne Weiteres noch von einem Weg sprechen. Bei der Strecke danach, allerdings in keiner Weise. Der Weg verläuft irgendwie im Nirwana. Vermutlich war hier mal vor langer Zeit einer. In der Schneise entlang, welche die hier verlaufenden Stützen der Hochspannungsleitung vorgeben. Und eigentlich sollte hier auch einer sein, laut meinem Webtool. Aber aktuell besteht dieser Abschnitt aus einem Mix aus Büschen, Stauden, Dornenhecken. Hier durch? Keine Chance. Tja, auch die Webkarten sind sichtlich nicht perfekt.
Ein paar Meter unterhalb befindet sich aber ein freies Feld. Und ein Blick auf mein Handy verrät mir, das dieses fast bis zum Anschlussweg führt. Also wandere ich nun am Rand des Feldes weiter. Jetzt, im November, wo hier keine Frucht wächst oder andere Pflanzen zur Ernte stehen, ist das Wandern kein Problem.
Aber dennoch wandere ich brav am äußersten Rand des Feldes. Einzig der tiefe Boden macht mir zu schaffen. Das kostet Kraft und Kondition. Und „verschafft“ mir einige weitere kurze Verschnaufpausen. Von Wandern kann man jetzt nicht mehr wirklich sprechen. Das ist schon eher „matschieren“.
Die Pausen bescheren mir aber auch immer wieder die Möglichkeit, mich in der Gegend umzusehen. Schön ist es schon hier. Ein Mix aus Feldern, Wiesen, Brachland, Wald und Au-Landschaft. Einzig ein wenig einsam fühle ich mich. Dieses „Grau in Grau“ das den Tag heute beherrscht schlägt sich auch ein wenig auf meine Psyche nieder.
Und auch die Tierwelt scheint sich heute verkrochen zu haben. Kein Reh, kein Hase oder sonstiges Getier, das üblicherweise immer wieder mal meinen Weg bei Wanderungen kreuzt, ist heute zu sehen. Als ob sich die Fauna darauf geeinigt hat an diesem Tag keine Schnauze in den Wind zu strecken.
Sei’s drum. Aber ich bin da. Und ich „matschiere“ weiterhin unerschrocken übers Feld. Aber auch das fand beim nächsten Waldrand dann sein ersehntes Ende. Ein paar Mal fest aufstampfen, damit die klebende Erde von den Sohlen fällt. Und weiter geht es nun durch den Wald.
Ein Blick auf meine Position am Handy hatte mir verraten, hier ein Stück weit quer durch den Wald und keine 200 Meter später würde ich auf meine Route stoßen. Und gottlob war es dann tatsächlich auch so, ohne weitere Hindernisse überwinden zu müssen. Ich war sozusagen „Back on Track“.
Nun, mittlerweile fast bei Streckenkilometer 4 angekommen, hatte ich auch schon mehr als die Hälfte meiner heutigen Tour absolviert. Das war natürlich ein ordentlicher Schub Motivation. Und der Waldweg, auf dem ich nun wanderte, tat das Seinige dazu. So konnte es bleiben. So gefällt mir das.
Blieb es aber nicht.
Aus dem Wald heraußen, nach einem programmierten Richtungswechsel nach Norden verläuft die Route hier noch etwa 200 Meter komfortabel und flach. Bis zu einer Weggabelung, auf dem man schon das Kommende erahnen kann. Links weg führt ein Weg geschwungen bergauf, abermals in einen Wald hinein. Und genau das war meine weitere Route heute.
Anfangs ist es ja gar nicht so schlimm. Eine leichte Steigung. Aber mit Fortdauer der Strecke nimmt diese zu. Mit jedem Meter. Und so, wie am Anfang der Tour, raubt mir auch dieser Abschnitt nun meinen Atem. Meter für Meter. Und ich verfluche die zurück liegenden Wochen des „nur vor dem PC sitzens“. Nie wieder würde ich so lange Zeit ohne dementsprechende Bewegung verbringen.
Aber wie heißt es so schön? „Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert“.
Mit vollkommen durchnässtem T-Shirt darunter erreiche ich endlich den letzten „Gipfel“ dieser Wanderung. Kraftlos und erschöpft. Und kurz dachte ich schon, ich sehe auch nicht mehr richtig, als ich, hier oben angekommen, in das Gesicht von zwei „mich anstaunenden“ Alpakas blickte.
Nein, das war kein Delirium. Die waren echt. Hinter einer dementsprechenden Umzäunung standen sie da und starrten mich an. Eines mit weissem, das anderen mit fast schwarzem Fell. Und ich staunte nicht schlecht zurück. Vermutlich haben wir zu dritt um die Wette „geblödschaut“.
Aber bei weiterem Nachdenken ist diese exotische Existenz hier, auch keine wirkliche Besonderheit mehr. Im Südburgenland gibt es mittlerweile einige ungewöhnliche, nicht „alteingesessene“ Vertreter der Tierwelt. Darunter auch einige Alpaka-Züchtungen. Sogar Wanderungen, gemeinsam mit den zutraulichen Tieren, werden angeboten. Das müssen wir unbedingt noch ausprobieren, nehme ich mir an dieser Stelle vor.
Ein paar Fotos später bin ich aber auch schon am, wieder asphaltierten, Weg. Die Sonne stand mittlerweile auch schon ziemlich tief, sodass ich mich sputete, um nicht in die Nacht hinein zu wandern. Am Hügelkamm des Eisenberges, wo ich mich gerade befand, hat man auch immer wieder eine schöne Aussicht. Jetzt gerade, bei untergehender Sonne noch dazu auch diese tolle herbstliche Lichtmischung aus goldlastigen Orange- und Rottönen. Auch das muss natürlich auf einigen Fotos verewigt werden.
Nun endgültig am höchsten Punkt der heutigen Route angekommen werfe ich noch einen Blick übers Land und schon geht es abwärts. Nur mehr abwärts. Keine Steigung mehr. Dafür aber flottes Marschieren bis zum Ziel. Mit diesen Gedanken schöpfe ich neue Motivation und bleibe brav in schneller Bewegung. Nicht zuletzt auch, weil meine Kleidung drunter jetzt schon wirklich klatschnass war. Ja nicht auskühlen lassen. G’sund und unverkühlt bleiben war jetzt auch das Gebot der Stunde.
Weitgehend flach und leicht abfallend wandere ich nun durch einen Teil des Ortes Olbendorf hindurch. Weiterhin bei untergehender Sonne und schönem Panorama. Das gefällt mir. Unten im Tal kann ich auch schon wieder die Häuser von Oberdorf sehen. Auch das gefällt mir.
An der nächsten Weggabelung, bei Streckenkilometer 6 halte ich mich wieder rechts. Auch geradeaus wäre ich zum Auto zurückgekommen. Allerdings wäre ich dann die letzten 100 Meter doppelt gewandert. Und der Monk in mir mag das nicht. Der möchte, wenn es geht, perfekte Rundkurse. Deswegen eben rechts runter.
Hier, mittlerweile wieder im Ortsgebiet von Oberdorf, wird die Straße noch ein wenig abschüssiger und meine Schritte noch ein wenig schneller. Und das Licht stetig auch ein wenig weniger. Die Dunkelheit bricht langsam aber sicher über das Südburgenland herein und die Straßenbeleuchtung ist auch schon angegangen.
Das spielt aber jetzt keine Rolle mehr. Die Chance auf etwaige Überraschungen stehen jetzt, Gott sei Dank, schon ziemlich schlecht. Ich bin an der Hauptstraße angekommen und habe nur mehr wenige hundert Meter zum Auto zurück. Eine Kurve noch und schon sehe ich mein Vehikel.
Aber eine Überraschung gibt es dann doch noch. Ein „hängendes Fahrrad“ unter dem Dach einer, dem Anschein nach, ehemaligen, aufgelassenen Tankstelle. Sieht sehr interessant aus. Aber warum auch nicht. Kreativität kennt nun mal keine Grenzen. Fällt das schon unter Kunst?
Ich persönlich vermute ja, dass dies eine Herausforderung für Fahrraddiebe darstellen soll. Und der Holzstoß darunter vermutlich mit einer Art Seil- oder Hebelverbindung an die Loslösung des Fahrrads gekoppelt ist. Oder geht meine „fiese“ Fantasie grad mit mir durch? Befinde ich mich schon am Rande des Deliriums? Ich habe keine Ahnung.
Was ich aber mit Sicherheit weiss, ist, dass meine Tour nun zu Ende ist. Und jetzt schnell rein ins Auto, Heizung aufdrehen und ab nach Hause.
Der Restart ist geschafft. Das Wandern geht nun wieder richtig los!
Günther Schranz, 14. November 2023
Touralbum
Karte
Daten
Tour 185
▷ 6,6 km | △ 145 hm | ⌚︎ ca. 1 h 40 m
Strecke:
ca. 50/50 Feldweg/Asphalt
Tipps & Infos:
Achtung: Streckenabschnitt (ca. 500 Meter) ohne ausgewiesenem Weg!
Steigungen nicht unterschätzen.
Wasserflasche nicht vergessen.
Abwechslungsreiche Tour.