Nachdem wir gestern bereits zu zweit in Neuberg unterwegs waren und uns dabei, mehr oder weniger, den südwestlichen Teil des Ortes angesehen hatten, hatte ich heute Lust und vor allem genügend Energie für den längeren, anstrengenderen nordöstlichen Bereich von Neuberg. Inklusive des Ortsteils „Neuberg Bergen“.
Als Startpunkt wählte ich denselben wie am Vortag. Die zentrale Lage und Größe des Parkplatzes bei der Kirche ist einfach zu perfekt. Also Vehikel abgestellt, Jacke übergezogen, Kappe auf den Kopf und Trinkflasche verstaut. Tracker auf der Watch auf „On“ und am Handy-Display die Routenführung abrufbereit. Los geht’s.
Obwohl die Sonne ab und an zwischen den Wolken am Himmel hindurch blitzte und die Temperaturen heute grundsätzlich milde sind, war die Wetterlage dennoch nicht zu unterschätzen. Es ist nach wie vor März und ist die Sonne mal weg, wird’s „brrr“. Dementsprechend war ich auch eingepackt. Geschützt vor Wind und Wetter.
Von der Kirche weg, ein paar Meter die Straße entlang nach Süden, biegt meine Route gleich links hinein, in die Straße nach „Neuberg-Bergen“. Diese ist auch nicht wirklich zu verfehlen: Auf einem Hinweisschild wird die Richtung, zum höher gelegenen Ortsteil von Neuberg, hier in gut lesbaren Lettern angekündigt.
Meiner Route (und dem Schild) brav folgend marschiere ich nun erstmals gut gelaunt dahin. Wie soll es auch anders sein. Hier gehts locker und lässig und vor allem mit wenig Anstrengung zunächst bergab. Aber, wie jeder Wanderer weiß, wo es bergab geht, geht es irgendwann auch wieder bergauf.
Diese Erfahrung durfte ich bereits kurze Zeit später wieder mal machen. Nach Querung des tiefsten Punktes der Route, in der Senke, beginnt die Straße wieder anzusteigen. Und das nicht wenig. Hier geht es nun gleich ans Eingemachte. Auf den nächsten 500 Metern heißt es bergauf stampfen auf einer kurvigen Steigung mit bis zu knapp 10%. Aber irgendwie müssen ja meine überschüssigen Kilos auch runter.
Nach dieser schweißtreibenden Fettverbrennung hatte ich auch schon den ersten Kilometer hinter mir. Und muss nach links abbiegen. Abermals angekündigt von einem Schild der gleichen Klasse wie davor. Kann man von einem „Schwesternschild“ sprechen? Oder einem „Bruderschild“? Gibt es Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Schildern? … Fragen, die die Welt nicht braucht.
Diese Frage im Raum, oder besser in der Natur hier stehen lassend, wandere ich meine Tour weiter. Die Kreuzung – und den kleinen Fischteich an derselben – hinter mir lassend geht es nun die nächsten Kilometer stetig bergauf. Aber das wusste ich ja bereits seit gestern Abend, als ich die Tour im Webtool abgesteckt hatte. 5 Kilometer ununterbrochener Anstieg. Hat man auch nicht auf jeder Tour.
Zwar sind es hier nicht dauernd 10% Steigung, aber die permanenten etwa 2 – 7% gehen auf der Länge auch ganz schön in die Wadeln. So sehr das ich bei Streckenkilometer 3 dankbar die Rastmöglichkeit auf einer Bank am Straßenrand annehme. Auch nicht üblich bei meinereiner, aber heute und jetzt muss das sein.
Mit Fortdauer des Anstiegs wandelt sich aber auch natürlich der Ausblick. Und hier auf der Bank sitzend ist es schon ganz schön. Zu meiner Rechten blicke ich hinauf zu den Häusern von Neuberg Bergen. Da muss ich jetzt hin. Und zu meiner Linken sehe ich das Asphaltband durch die Landschaft, wo ich bereits gewandert war. Und geradeaus kann ich schon vereinzelt in der Ferne über die Baumwipfel sehen.
Gefällt mir. Hier bleibe ich ein paar Minuten sitzen. Nehme einige Schlucke aus meiner Wasserflasche. Und rauche die nach wie vor unvermeidliche Zigarette. Wobei das jetzt gerade eine richtige Hassliebe ist. In Anbetracht meiner Kondition.
Und schon geht’s weiter. Einen Schritt vor den anderen setzend. Hinauf zum „Gipfel“. Kurze Zeit später, etwa bei Streckenkilometer 3,5 überrascht mich ein leichtes Gefälle. Eine zwar nur kurze, aber immerhin sehr willkommene, Abwechslung. Hier spaziere ich nun, am Ortsschild vorbei, nach „Neuberg Bergen“ hinein.
Und gleich wieder bergauf. Aber die Aussicht rundherum wird auch immer schöner. „View Points“ haben eben ihren Preis. Die Ortschaft selbst besteht aus einem bunt durchgemischten Arrangement aus alten und neuen Häusern. Eigentlich nichts, was wirklich spektakulär wäre. Das sieht man sonst auch oft. Aber hier scheinen sich viele Einwohner um die Gestaltung ihrer Vorgärten und Gärten besonders zu bemühen. Sieht schmuck aus.
Auch findet man hier die eine oder andere Rastmöglichkeit, in Form einer Bank. Wer es möchte. Ich bin da grad dagegen. Hatte ich doch bereits Pause gemacht und der höchste Punkt meiner Tour war nicht mehr weit. Vor mir, in einer der Gärten kicken grad Kinder einen Fußball durch die Gegend. Etwas weiter entfernt höre ich eine Motorsäge. Und irgendwo anders bellt ein Hund. Idylle und Dorfleben pur.
Kurz vor dem höchsten Punkt der Strecke mache ich auch Bekanntschaft mit ein paar Einheimischen hier. Ein älteres Damenpärchen, das gerade vor mir gehend, einen kleinen Spaziergang durch den Ort macht, bleibt stehen und unterhält sich mit einem Hausbesitzer, der gerade in seinem Garten werkt.
Und als dieses Dreiergespann meine vermummte Gestalt erblickt, können sie offensichtlich nicht mehr den Blick von mir wenden. Hochgeschlossene Winterjacke, Sonnenbrille, Kappe. Und über dieser die Kapuze vom Hoodie. Ein „Alien“ stampft die Straße herauf …
Ich konnte nicht anders, als ich – innerlich bereits lachend, ob der starren Blicke in meine Richtung – an den drei vorbei kam.
Zunächst ein: „Grüß Gott“, aus 5 Metern Entfernung vorausschickend. Keine Reaktion. Also musste „substanzielleres“ herhalten:
versuche ich die drei frech zu provozieren.
Füge aber gleich schmunzelnd hinzu: „Aber eh nur ein Wanderer!“
Nun war das Eis gebrochen. Das Wesen aus einer anderen Welt sprach ihre Sprache. Alle drei bejahten lachend. Und ich lachte ebenso. Beim Reden kommen die Leut eben „z’samm“. Vermutlich liegt es auch daran, dass ich ein wenig befremdlich auf Einwohner wirke, weil ich beim Wandern mitunter auch oft kurz stehen bleibe und etliche Fotos schieße. Wie auch immer. Ich find‘s einfach wertfrei amüsant.
Und so auch hier jetzt auf dieser Tour. Immer wieder Fotos. Besonders jetzt hier heroben. Die Aussicht und das sich bietende Panorama, besonders nach Süden, hier ist aber auch wirklich schön. Und der Himmel tut mit seiner momentanen Farbe – einem wunderschönen Blau – das Seinige dazu. Herrlich.
Das erklärt auch die vielen neuen Häuser hier heroben. Den Frühstückskaffee auf der Terrasse bei einer solchen Aussicht genießen. Unbezahlbar. Ein schönes Fleckerl Südburgenland hab ich da wieder entdeckt, bzw. erwandert. Ich bin stolz auf mich. Auch, weil ich nun endlich am „Gipfel“ meiner heutigen Tour angelangt bin.
Mit flotten Schritten leicht bergab, verabschiede ich mich von „Neuberg-Bergen“. Nun gehts nun durch Waldabschnitte. Stetig bergab und nach wie vor auf Asphalt. Die braunen Blätter am Boden, vom vergangenen Herbst, vermischen sich hier mit dem frischen Grün des beginnenden Frühlings. Im Licht der bereits tiefer stehenden Sonne. Eine schöne Mischung. Und Grund für weitere Fotos.
Nach ca. 1,5 Stunden Wanderung treffe ich etwa bei Streckenkilometer 6,4 auf die Bundesstraße, die Neuberg mit den nördlicher gelegenen Ortschaften Neuhaus oder Oberdorf verbindet. Hier muss ich nun links abbiegen. Nun ist auch der nördlichste Punkt meiner heutigen Route hinter mir.
Und vor mir liegt ein Marsch am linken Rand der Bundesstraße. Rad- oder Gehweg gibt es hier keinen. Wer diese abenteuerliche Variante einer Wanderung nicht mag, dem sei das Netz aus Waldwegen ans Herz gelegt. Ich wollte es heute so. Und weiche bei jedem entgegen kommenden Fahrzeug kurz ins „Gemüse“ (auf den Grasstreifen) aus.
Die Wanderung auf diesem Abschnitt ist auch ziemlich ereignislos und ohne besondere „Highlights“. Straße eben. Durch den Wald. Links Bäume. Rechts Bäume. Mittig Asphalt. So konzentriere ich mich auf meine Schritte und Atmung. Und versuche einen gleichmäßigen Schritt, ergo auch Geschwindigkeit, beizubehalten.
Und siehe da, unverhofft kommt oft! Nach etwa 1,6 Kilometern „Linkswanderung“ sehe ich eine Kapelle auf einem Hügel rechts von der Straße. Doch noch ein Highlight. Also, nichts wie hinauf. Die leichte Steigung und zwanzig Meter von der Straße herauf sind gleich überwunden. Neben der Kapelle stehen auch Tische und Bänke. Perfekt! Ich habe einen Rastplatz entdeckt. Nun wird gerastet.
Von der Anhöhe hier hat man eine schöne Aussicht nach Westen. Auf den Ort Oberdorf und darüber hinaus. In weiter Entfernung dahinter kann man auch ein Gebirgsmassiv erkennen. Die „Wechselgegend“? Oder doch die steirischen Voralpen? Ich weiß es nicht. Ist aber schön anzusehen und toll zu fotografieren.
Aber nun kommt der Endspurt. Weiter gehts nach dieser kurzen Pause. Bevor die Muskeln kalt werden. Die Temperaturen sind nun auch schon merklich gesunken. Von der Zeit her ist es auch schon 17:00 geworden. Also hopp, hopp, weiter wandern. Dem Ziel entgegen. Nun sind es ja nur mehr knappe 2 Kilometer.
Und nur wenige Minuten nach diesem Stopp, wandere ich auch schon beim Ortsschild vorbei, nach Neuberg, oder „Nova Gora“, wie es kroatisch heißt (und auch zweisprachig auf der Ortstafel ausgezeichnet ist), hinein. Vorbei auch an der „Tankstö“, so der Name des Cafés an der Tankstelle zu meiner Linken.
Und wer glaubt, nun bin ich ja gleich wieder am Ziel, bei meinem Auto am Parkplatz in der Ortsmitte, der kennt Neuberg nicht. Das ist die gefühlt längste Ortschaft der Welt. Und genauso gestaltet sich auch die letzten zwei Kilometer meiner Tour. Schier nicht enden wollend.
Obwohl der Ort und die Häuser durchaus interessant sind. Besonders die teils ungewöhnliche, fast schon experimentelle Architektur. Mal aus Holz, mal aus Beton. Mal stimmig und symmetrisch. Und auch mal unsymmetrisch stylish. Als Giebelhaus oder auch mal als Passivhaus mit Flachdach. Und dazwischen ein Mix aus traditionellen Bauwerken der letzten Jahrhunderte.
Von einer zur anderen Ortstafel, bzw. vom ersten bis zum letzten Haus in Neuberg, sind es ca. knappe 4 Kilometer. Verbunden mit einer stetigen Steigung (oder einem stetigen Gefälle, eben je nach Richtung) von knappen 90 Höhenmetern. Das verbunden mit einer „Ortsbreite“ von gerade einmal vielleicht 200-300 Metern.
Quasi der Inbegriff eines „Strassendorfes“. Und mittendrin eine schöne Kirche.
Aber was red, bzw. schreib ich: Um das selbst zu erleben, muss man nach Neuberg. Und wandern. So wie ich grade. Ich bin nun endlich an der Kirche und bei meinem Auto angekommen. Verschwitzt, müde, aber stolz. Tour geschafft. Neuberg: Check!
Günther Schranz, 19. März 2024
Touralbum
Karte
Daten
Tour 221
▷ 10,8 km | △ 148 hm | ⌚︎ ca. 2 h 20 m
Strecke:
Durchgehend Asphalt
Tipps & Infos:
Achtung: ca. 5 km langer Anstieg
Trinkflasche nicht vergessen!
Aussichtsreiche Streckenabschnitte
Sporadische Rastmöglichkeiten (Bänke) vorhanden